Forschung & Entwicklung
Leitthemen und Forschungsschwerpunkte
Die Forschungsarbeiten der Abteilung Physische Geographie haben das übergeordnete Ziel, regionale klimatische und anthropogen determinierte biotische und abiotische Prozesse in natürlichen, naturnahen und bewirtschafteten Geosystemen quantitativ zu erfassen, um kritische Folgen transienter Klimaänderungen und Witterungsereignisse sowie Implikationen anthropogener Eingriffe in den Naturhaushalt für ökosystemare Funktionen und Ressourcen retrospektiv und präventiv bewerten zu können. Bei einem thematisch breit gefächerten Forschungsportfolio konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten in besonderer Weise in drei Leitthemen:
1. Klimavariabilität und Geoökosystemdynamik: Analyse und Rekonstruktion der rezenten und spätquartären Klimavariabilität, Prozessdynamik und Ressourcenausstattung in natürlichen/naturnahen Geoökosystemen.
2. Klima- und Landnutzungswandel: Analyse von Wechselwirkungen und Rückkopplungsprozessen zwischen Böden, Vegetation und Atmosphäre bei veränderten Klimabedingungen und wachsendem Nutzungsdruck auf naturräumliche Ressourcen.
3. Ressourcendegradation und Ressourcenschutz: Analyse anthropogen determinierter Degradationsprozesse und Entwicklung nachhaltiger Strategien zur Ressourcennutzung und zum Schutz von Biodiversität, ökosystemaren Funktionen und Dienstleistungen.
Diesen Leitthemen inhärent ist eine hierarchische Struktur, die den Gradienten unterschiedlich intensiver Mensch-Umwelt-Interaktionen in verschiedenen Klimazonen der Erde abbildet. Regionale Forschungsschwerpunkte in Zentral- und Hochasien, in der Arktis, im südlichen Afrika und Amazonien sowie in Europa repräsentieren die Amplitude und Magnitude anthropogener Einflüsse auf den Naturhaushalt, von der natürlichen, vom Menschen unmittelbar kaum beeinflussten Prozessdynamik der extremen Hochgebirgs- und Trockenräume Asiens bis zum stark regulierten Prozessgefüge der intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften Europas.
Da eine nachhaltige Sicherung und Dokumentation der Forschungskompetenz des Faches Physische Geographie nur zu leisten ist, wenn neu gewonnenes Wissen und Erkenntnisse auch in operationelle Expertensysteme und Modelle integriert werden, nimmt die Entwicklung und Implementierung geoinformatisch-/geowissenschaftlicher Methoden und Modelle eine besondere Stellung in der strategischen Ausrichtung der Abteilung ein.
Ein zentral wichtiges Label und Alleinstellungsmerkmal der Abteilung bildet die Entwicklung von SAGA (System for Automated Geoscientific Analyses), eine der international führenden und mit über 300.000 wissenschaftlichen Nutzern weltweit meist genutzten FOSS (Free and Open Source Software) Entwickler-Plattformen für Geodatenanalyse und geowissenschaftliche Modellierung.
Angesichts der Defizite proprietärer GeoInformationsSysteme (GIS) bei der Abbildung dynamischer geosystemarer Prozesse zielt die von Dr. Olaf Conrad koordinierte Programmentwicklung ausdrücklich auf eine Dynamisierung von GIS. Aktuell bildet SAGA in diversen Drittmittel-geförderten Projekten die explizit benannte DV-Basis für die Realisierung komplexer Modellketten zur dynamischen Simulation klimatischer und klimatisch determinierter geosystemarer Prozesse. Gleichzeitig unterstützt SAGA durch fachwissenschaftlich korrekt dokumentierte Methoden der Geodatenanalyse, Fernerkundung, Modellbildung und Geovisualisierung die Vermittlung komplexer Lehrinhalte und bildet daher ein wichtiges Instrument für den Wissenstransfer an den Schnittstellen von Forschung, Lehre und Berufspraxis.