Projekt: Kirgistan
Interactions between cities & climate
Das Forschungsprojekt untersucht den Einfluss des postsowjetischen Transformationsprozesses auf die Mensch-Umwelt-Interaktionen in der Region Jalalabad in Südkirgistan. Mit einem Ansatz der Political Ecology als konzeptionellem Rahmen werden Zusammenhänge zwischen sozio-ökonomischem Wandel und Umweltveränderungen am Beispiel der intensivierten Waldnutzung analysiert. Die Walnuss-Wildobst-Wälder unterliegen zur Zeit einer Vielfalt konkurrierender Ansprüche und Nutzungen durch verschiedene Akteure, unter denen die lokale Bevölkerung eine Schlüsselrolle einnimmt. Insbesondere zunehmende Brennholzentnahme und Waldweide bedrohen die Aufrechterhaltung der vielfältigen Waldfunktionen. Die Auflichtung der Bestände, die unzureichende Verjüngungssituation, Verluste an Artenvielfalt sowie die Beeinträchtigung von Schutzfunktionen wie Bodenschutz und Regulierung des Wasserhaushalts sind Folgewirkungen verstärkter Nutzungseinflüsse.
Aufgrund der gegenwärtig drastischen Zunahme der Viehzahlen unterliegen die Hochweiden oberhalb der Waldstufe seit einigen Jahren einem massiv ansteigenden Weidedruck. Nach den Erfahrungen der ersten Projektphase ist es nicht sinnvoll, sektorale Forschungsstrategien zu Wald und Weide zu verfolgen, wenn der Fokus auf Mensch-Umwelt-Interaktionen gerichtet ist. Wald- und Hochweidenutzung sind untrennbar miteinander verbundene und interdependente Strategien im Rahmen der kombinierten Gebirgslandwirtschaft der lokalen Bevölkerung.
Die alpinen Weidegebiete sind aufgrund der gegenwärtigen Überweidung in einem kritischen Zustand. Auswirkungen veränderter Lebensunterhaltsstrategien auf die Umwelt kommen in der zweiten Dekade des Transformationsprozesses zunehmend in einem Wandel von Struktur und Funktion beweideter alpiner Ökosysteme zum Ausdruck. Die gegenwärtig nicht nachhaltige Nutzung der Weideressourcen sowie der äußerst defizitäre Forschungsstand zu den sozioökonomischen Ursachen und ökologischen Folgewirkungen erfordern unseres Erachtens eine Ausweitung der Forschungsperspektive auf die Dynamik alpiner Hochweidenutzung in einer zweiten Projektphase.
Bei der Fortsetzung des kirgisisch-deutschen Forschungsprojektes dient der Political-Ecology-Ansatz weiterhin als konzeptioneller Rahmen, da sich die akteurs- und institutionenbezogene Multi-Ebenen-Analyse unter Einbeziehung der historischen Dimension von Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen bewährt hat. Unter Fortführung unseres dreigliedrigen Ansatzes stehen folgende Forschungsaufgaben und –fragen im Zentrum der Analysen:
- Teilprojekt Humangeographie (Kreutzmann, Schmidt, Asykulov & Dörre)
- Analyse von Weidezugangs- und -nutzungsrechten, von Formen der Weidewirtschaft und ihrer Rolle innerhalb der Lebensunterhaltsstrategien der lokalen Bevölkerung
- Analyse gegenwärtiger Migrationsprozesse mit ihren gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen sowie Betrachtung der Einflüsse der Globalisierungsprozesse auf örtliche Strukturen und Prozesse
- Teilprojekt Biogeographie und Landschaftsökologie (Schickhoff, Schmidtlein, Lazkov & Borchardt)
- Analyse quantitativer und qualitativer Auswirkungen vergangenen und gegenwärtigen Weidedrucks auf alpine Weiden im Hinblick auf standortsökologische Bedingungen, Vegetationsmuster, Produktivität und Futterwerte
- Modellierung der Auswirkungen veränderten Weidedrucks und Abschätzung einer maximalen nachhaltigen Weidekapazität
- Synthese
- Verknüpfung der Ergebnisse beider Ansätze in einer integrativen, räumlich-funktionalen Perspektive und Erzielung eines umfassenden Verständnisses der Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen, indem Konstellationen sozioökonomischer und ökologischer Faktoren und Prozesse auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen direkt zueinander in Beziehung gesetzt werden
- Ableitung ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich nachhaltiger Landnutzungsstrategien auf der Basis eines umfassenden Verständnisses der regionalen Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen