Entwicklung des Nomadismus seit dem Beginn des Transformationsprozesses und Ursachen der Überweidung
Die Mongolei gehört weltweit zu denjenigen Ländern, in denen die mobile Tierhaltung immer noch eine wichtige Rolle spielt. Ungefähr 75% des gesamten Staatsgebietes werden als Viehweide genutzt. Anfang der 90er Jahre kam es in Folge des Transformationsprozesses von der sozialistischen Planwirtschaft hin zu Marktwirtschaft und Demokratie, zu einem grundlegenden Wandel in der mobilen Weidewirtschaft. Die wirtschaftlichen Veränderungen, insbesondere der Privatisierungsprozess, haben das Auftauchen von so genannten "neuen Nomaden" aus den ländlichen Siedlungszentren befördert, die nun wie ihre nomadisch lebenden Verwandten mit ihren Viehherden durch die Steppen ziehen. Die Rückkehr zum Nomadismus in der Mongolei führte zu einer deutlichen Zunahme der Viehzahlen von 24 Millionen Stück im Jahre 1989 auf 33 Millionen Stück im Jahre 1998 und dadurch zu einem ansteigenden Beweidungsdruck. Dabei verlief die Entwicklung bei den einzelnen Tierarten durchaus unterschiedlich. Während die Zahl der Schafe zwischen 1990 und 2002 sogar leicht zurückging, hat sich die Anzahl der Ziegen im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelt. Die Haltung von (Kashmir-)Ziegen ist vor allem deshalb so beliebt, weil sich Kashmir-Wolle in den letzten Jahren zu einer profitablen Einkommensquelle entwickelt hat. Nun ist aber gerade die Ziegenhaltung problematisch, da diese Tiere beim Fressen die Pflanzen regelrecht aus dem Boden heraus reißen und somit das natürliche Gleichgewicht in der Steppe nachhaltig stören.
Nomaden vor ihrer Jurte im Mongolischen Altai
Zunehmende Teile des Landes sind heute von einer Überweidung der natürlichen Ressourcen bedroht. Aus wirtschaftlichen Gründen konzentrieren sich die Viehherden hauptsächlich entlang von Siedlungen, Straßen und Flüssen. Rund um die größeren Siedlungen wie z.B. um Aimag- und Sum-Zentren ist die Überweidung besonders offensichtlich. Leider ist mit dem Übergang zur Marktwirtschaft und mit dem Zusammenbruch der viehwirtschaftlichen Vereinigungen (Negdels), die Kombination von offiziellen und inoffiziellen Institutionen wirkungslos geworden, die vorher die Weidenutzung reguliert haben. Das führte in den letzten Jahren zu einer Zunahme von ungeordneten und nicht nachhaltigen Beweidungsmustern. Erhebliche Teile des mongolischen Weidelandes sind bereits degradiert, die Schätzungen variieren zwischen 20 und 75% der gesamten Landesfläche. Wegen der ungewöhnlich harten Winter 1999/2000 und 2000/2001, die sich auf ca. 70% des gesamten Landes auswirkten und den Tod von mehreren Millionen Tieren verursachten, verringerte sich der Beweidungsdruck kurzzeitig. Schätzungen gehen jedoch aufgrund der oben erwähnten strukturellen Gründe von einem erneuten Anstieg aus.
Folgen der Überweidung
Folgen der Überweidung Überweidung kann einen beträchtlichen Schaden an Biodiversität, Ökosystemen und Lebensräumen verursachen. Folgen könnten eine abnehmende Vegetationsdecke, Sukzession zu weniger oder ungenießbaren Pflanzenarten, Zunahme der Verdunstung, Verlust an Bodenfeuchtigkeit, Verringerung der Humus-Auflage, Wassererosion und eine zunehmende Ausdehnung der Wüsten sein. In einer zunehmenden Zahl von Gebieten werden nachteilige ökologische Auswirkungen erwartet, wenn nicht nachhaltigere Beweidungsstrategien und Maßnahmen zum Schutz des Weidelandes eingeführt werden.